Inflationsausgleichsprämie – 27 Fragen und 27 Antworten

Ab dem 26.10.2022 können Arbeitgeber ihren Beschäftigten steuer- und abgabenfrei einen Geldbetrag von bis zu 3.000,00 Euro gewähren. Das ist die sogenannte Inflationsausgleichsprämie. Nachfolgend 27 Fragen und 27 Antworten zu dieser Prämie.

Stand des Beitrags: 12. Dezember 2022

  1. Bis wann kann die Inflationsausgleichsprämie gezahlt werden?

Der Begünstigungszeitraum für die Inflationsausgleichsprämie ist bis zum 31.12.2024 befristet. Bis dahin sind Zahlungen des Arbeitgebers auf die Prämie möglich, grundsätzlich steuer- und abgabenfrei. Es gilt das sog. Zuflussprinzip (ebenso Hick in DB 2022, 2766).

  1. Zahlt der Staat einen Zuschuss zur Inflationsausgleichsprämie?

Streng genommen ist das nicht der Fall. Allerdings sind die Zahlungen der Arbeitgeber bis zu einem Betrag von 3.000,00 Euro steuer- und sozialversicherungsabgabenfrei. Insofern „bezuschusst“ der Staat die Prämie durchaus.

  1. Muss die Inflationsausgleichsprämie in einer Summe gezahlt werden?

Nein, der Betrag von 3.000,00 Euro kann beliebig gestückelt, d.h. ohne weiteres in mehreren Teilbeträgen gezahlt werden. So kann der Arbeitgeber beispielsweise monatlich 200,00 Euro bis zur Höchstgrenze von 3.000,00 Euro zahlen. Im Beispielsfall wären das 15 Teilbeträge (15 x 200 = 3.000).

  1. Steht Arbeitnehmern ein Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie zu?

Nein, das ist nicht der Fall. Es handelt sich in um eine freiwillige Zahlung des Arbeitgebers. Ein rechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie besteht grundsätzlich nicht. Das kann aber unter dem Gesichtspunkt des sog. Gleichbehandlungsgrundsatzes anders sein (siehe dazu nachfolgend Frage 5).

  1. Muss der Arbeitgeber allen seinen Mitarbeitern die Inflationsausgleichsprämie in gleicher Höhe zahlen?

Nein, das muss der Arbeitgeber nicht. Lediglich im Rahmen des sog. Gleichbehandlungsgrundsatzes ist das anders. Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber aus sachlichem Grund eine unterschiedlich hohe Zahlung, ggf. bei einigen Arbeitnehmern auch gar keine Prämie leisten darf. So kann der Arbeitgeber insbesondere nach der Einkommenshöhe des jeweiligen Arbeitnehmers unterscheiden und nur Arbeitnehmern bis zu einem bestimmten Einkommen die Prämie gewähren, den anderen Arbeitnehmern hingegen nicht.

Schwieriger wird das, wenn der Arbeitgeber nach Kriterien unterscheidet, die zwar grundsätzlich geeignet sein können, eine unterschiedliche Behandlung einzelner Arbeitnehmer zu rechtfertigen, so zum Beispiel eine Staffelung nach den durch den jeweiligen Arbeitnehmer erzielten Arbeitsergebnissen. Hier fragt sich, ob damit auch eine unterschiedlich hohe Zahlung der Inflationsausgleichsprämie sachlich gerechtfertigt werden kann. Das erscheint zweifelhaft, denn bei der steuer- und abgabenfreien Prämie geht es ja in erster Linie – wie der Name der Prämie dies anzeigt – um einen Ausgleich für inflationsbedingt gestiegene Lebenshaltungskosten.

  1. Wie sollte der Arbeitgeber im Rahmen der Entgeltabrechnung klarstellen, dass er die Inflationsausgleichsprämie zahlen möchte bzw. zahlt?

Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Prämie deutlich macht, dass diese Zahlung im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht, so zum Beispiel durch einen entsprechenden Hinweis im Rahmen der Lohnabrechnung.

  1. Kann die Inflationsausgleichsprämie auch an Auszubildende gezahlt werden?

Ja, das ist möglich.

  1. Kann die Inflationsausgleichsprämie auch an geringfügig Beschäftigte (Minijobber), arbeitende Rentner und Werkstudenten gezahlt werden?

Ja, das ist möglich.

  1. Sind auch mitarbeitende Familienangehörige (z. B. Ehemann oder Ehefrau) mögliche Begünstigte der Prämie?

Ja, hier ist aber ganz besonders auf die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (siehe oben Frage 5) zu achten!

  1. Kann die Inflationsausgleichsprämie als Sachleistung gewährt werden?

Ja, das ist aufgrund des Wortlauts von § 3 Nr. 11 c) EStG ein möglicher Fall der Gewährung der Inflationsausgleichsprämie. So kann der Arbeitsgeber dem Arbeitnehmer beispielsweise einen bzw. mehrere Warengutscheine bis zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 3.000,00 Euro öhe zukommen lassen. Das kann sich beispielsweise bei solchen Arbeitnehmern empfehlen, die aktuell ein negativen Saldo ihres Bankkontos aufweisen.

  1. Darf die Inflationsausgleichsprämie an die Stelle einer anderen, durch den Arbeitgeber geschuldeten Leistung treten?

Nein, das darf unter keinen Umständen passieren. Die Zahlung muss als zusätzliche Leistung anzusehen sein und sollte in der Entgeltabrechnung (siehe dazu oben Frage 6) auch als solche bezeichnet werden. Die Prämie darf beispielsweise nicht an die Stelle eines an sich geschuldeten Weihnachtsgeldes, 13. Gehalts oder eines Urlaubsgeldes gezahlt werden.

Problematisch dürften vor allem die Fälle werden, in denen der Arbeitgeber ein 13. Gehalt oder auch ein Weihnachtsgeld bislang als „freiwillige Arbeitgeberleistung“ deklariert hat. Hier ist sehr sorgfältig zu prüfen, ob tatsächlich kein Anspruch des Arbeitnehmers auf derartige Arbeitgeberleistungen besteht. Sollte das der Fall sein, darf die Inflationsausgleichsprämie nicht an deren Stelle treten! In vielen Fällen wird in diesem Zusammenhang noch einmal ein Blick in Arbeitsverträge und ggf. auch Tarifverträge lohnen.

Siehe auch § 8 Abs. 4 EStG sowie noch einmal nachfolgend Frage 12 sowie Frage 27.

  • 8 Abs. 4 EStG lautet:

„Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht

wird. Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.“

  1. Was gilt mit Blick auf Frage 11. hinsichtlich der in der Vergangenheit durch den Arbeitgeber etwaig gewährten „freiwilligen“ Leistungen und dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung?

Jetzt wird es schwierig. Die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie muss durch den Arbeitgeber „on top“ geleistet werden und darf – wie ausgeführt (siehe dazu Frage 11) – kein ohnehin geschuldetes Arbeitsentgelt ersetzen. Es ist also zu fragen, in welchem Umfang der Arbeitnehmer einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Gewährung einer bestimmten Zahlung besitzt. In diesem Zusammenhang ist auch an das arbeitsrechtlich bedeutsame Rechtsinstitut der betrieblichen Übung zu achten. Alles das, was Gegenstand einer betrieblichen Übung zugunsten des Arbeitnehmers geworden ist, kann nicht durch die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie ersetzt werden. Hat ein Arbeitgeber beispielsweise ohne ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag vorbehaltlos über viele Jahre hinweg ein 13. Gehalt gezahlt, kann die Inflationsausgleichsprämie nunmehr nicht an dessen Stelle treten. Gleiches gilt natürlich im Hinblick auf etwaig durch den Arbeitgeber gewährte Sachleistungen.

  1. Wer kontrolliert eigentlich die ordnungsgemäße Gewährung der Inflationsausgleichsprämie?

Hier kommen zahlreiche Stellen in Betracht. Neben der Finanzverwaltung werden mit Sicherheit die Prüfer im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Sozialversicherungsprüfungen genau hinschauen, insbesondere darauf, dass die Zahlung „on top“ gewährt wurde.

  1. Darf der Arbeitgeber mit der Inflationsausgleichsprämie werben und so versuchen, Mitarbeiter aus einem anderen Unternehmen zu gewinnen?

Ja, das dürfte in der Regel gestattet sein. Der Umstand, dass es sich um eine „Wechselprämie“ handelt, wird der Anerkennung als Inflationsausgleichsprämie vermutlich nicht entgegenstehen.

  1. Kann ein Arbeitnehmer die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie mehrfach erhalten?

Ja, das ist denkbar. Wenn beispielsweise ein Arbeitnehmer im Jahr 2023 seinen Arbeitgeber wechselt, kann er sowohl von seinem „alten“ wie auch von seinem „neuen“ Arbeitgeber die Prämie gezahlt bekommen. Siehe auch nachfolgend Frage 17.

  1. Können der sog. Corona-Pflegebonus und die Inflationsausgleichsprämie miteinander kombiniert werden?

Vermutlich ja. Pflegebonus und Inflationsausgleichsprämie verfolgen unterschiedliche Ziele. Das würde zu einem Gesamtbetrag von 7.500,00 Euro führen.

  1. Kann die Inflationsausgleichsprämie bei mehreren Arbeitgebern auch mehrfach gezahlt werden?

Siehe dazu schon oben Frage 15.

Die Prämie kann für jedes Arbeitsverhältnis gezahlt werden. Hat ein Arbeitnehmer mehrere Arbeitgeber, kann die Inflationsausgleichsprämie im Rahmen eines jeden Arbeitsverhältnisses gewährt werden. Das ist dann anders, wenn der Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber mehrere Arbeitsverhältnisse ausgeübt hat, so etwa im Frühjahr und im Herbst 2023 im Rahmen einer sog. Saisonbeschäftigung.

  1. Was gilt für die Inflationsausgleichsprämie bei GmbH-Geschäftsführern?

Diese können die Prämie vermutlich ebenfalls erhalten. Es dürfte aber zu unterscheiden sein:

  • Ist der GmbH-Geschäftsführer „reiner“ Fremdgeschäftsführer kann die Prämie grundsätzlich problemlos gezahlt werden.
  • Ist der GmbH-Geschäftsführer zugleich Gesellschafter der GmbH, muss die Zahlung einem sog. „Fremdvergleich“ standhalten. Ansonsten droht eine verdeckte Gewinnausschüttung.
  1. Was gilt für die Inflationsausgleichsprämie bei einem Betriebsübergang (§ 613a BGB)?

Bei einem Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB bleibt das Arbeitsverhältnis als solches bestehen, es geht vom Abgeber auf den Erwerber über (siehe vor allem § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB). Das bedeutet: Der Arbeitnehmer kann die Prämie bis zur Maximalhöhe von 3.000,00 Euro nur einmal erhalten, egal, ob der Betrag ganz oder teilweise vom Abgeber und/oder vom Erwerber gezahlt wird.

  1. Ist die Inflationsausgleichsprämie pfändbar?

Das ist eine aktuell ungeklärte Frage. Es spricht einiges dafür, dass die Prämie pfändbar ist. Das Gesetz beantwortet die Frage jedoch leider nicht.

Auch unter praktischen Gesichtspunkten könnte einiges dafür sprechen, die etwaig gezahlte Prämie an den pfändenden Gläubiger auszubezahlen: Sollte die Prämie – entgegen der hier geäußerten Annahme – doch unpfändbar sein, bekommt man das Geld vom Gläubiger eher zurückgezahlt als von dem durch die Pfändung betroffenen Arbeitnehmer.

  1. Wo ist die Inflationsausgleichsprämie eigentlich gesetzlich geregelt?

Die Inflationsausgleichsprämie ist in § 3 Nr. 11 c) EStG gesetzlich geregelt.

  1. Kann auch eine Konzernobergesellschaft an Mitarbeiter einer Tochtergesellschaft eine Inflationsausgleichsprämie zahlen?

Nein, ein sog. Konzernprivileg sieht das Gesetz nicht vor (ebenso Hick in DB 2022, 2766).

  1. Darf die Inflationsausgleichsprämie auch an Arbeitnehmer gezahlt werden, die sich zum Zeitpunkt der Zahlung in Kurzarbeit befinden?

Ja.

  1. Darf die Inflationsausgleichsprämie auch an Arbeitnehmer gezahlt werden, die sich in Elternzeit befinden?

Vermutlich ja, denn auch hier besteht ein Arbeitsverhältnis.

Eine andere Frage ist die, ob jemand, der sich in Elternzeit befindet, die Prämie in gleich Höhe bzw. überhaupt bekommen muss, wenn alle anderen Arbeitnehmer die Prämie in einer bestimmten Höhe erhalten haben. Hier stellt sich wiederum die Frage nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

  1. Darf die Inflationsausgleichsprämie an Arbeitnehmer gezahlt werden, die nachgewiesenermaßen keinen finanziellen Bedarf haben?

Ja.

  1. Kann die Inflationsausgleichsprämie auch als „Treueprämie“ gezahlt werden?

Sollte der Arbeitgeber die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie damit verbinden, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht von sich aus innerhalb einer bestimmten Frist kündigt, dürfte das rechtlich nicht wirksam sein. Die Inflationsausgleichsprämie verfolgt ein ganz anderes Ziel als die Betriebstreue. Im Gegenteil: Sollte der Arbeitgeber die Prämie explizit mit diesem Ziel an den Arbeitnehmer ausbezahlen und sich eine Rückforderung vorbehalten, könnte es durchaus passieren, dass die Zahlung steuer- und abgabenpflichtig wird!

Selbst wenn Vorstehendes nicht richtig sein sollte, kann ein Festhalten des Arbeitnehmers an einem Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber ganz allgemein nur sehr eingeschränkt wirksam verlangt werden. Das Thema ist im Zusammenhang mit der Gewährung eines Weihnachtsgeldes und einem korrespondierenden Betriebstreueversprechen bekannt. Eine Bindung, die das gesamte Jahr 2023 oder gar darüber hinaus umfassen soll, ist angesichts eines Geldbetrages von „nur“ 3.000,00 EUR grundsätzlich rechtlich nicht möglich.

  1. Kann die Inflationsausgleichsprämie eine Gehaltserhöhung ersetzen?

Faktisch ja, rechtlich nein. Schuldet der Arbeitgeber eine Gehaltsanpassung nach oben (etwa wegen einer den Arbeitgeber bindenden Tariflohnerhöhung), kann die Inflationsausgleichsprämie die Gehaltserhöhung nicht ersetzen. Eine vom Arbeitgeber nicht geschuldete Gehaltserhöhung kann natürlich durch die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie „faktisch“ ersetzt werden. Es darf dann aber keinerlei Hinweise darauf geben, dass die Prämie (temporär) an die Stelle einer Gehaltserhöhung getreten ist.

Siehe dazu auch schon oben Frage 11 sowie der dortige Hinweis auf § 8 Abs. 4 EStG

Quelle: Inflationsausgleichsprämie – 27 Fragen und 27 Antworten – ETL Rechtsanwälte (etl-rechtsanwaelte.de)